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Bedeutung der elektrischen Ableitfähigkeit

Korrosiv beanspruchte verfahrenstechnische Apparate in der chemischen Industrie sind häufig emailliert. Technisches Email ist im Prinzip ein chemisch hochbeständiges Glas, welches stoffschlüssig, homogen und porenfrei mit einem Trägerwerkstoff, bei chemischen Apparaten üblicherweise ein Feinkornbaustahl, verschmolzen ist. Die Emaillierung erfüllt höchste Anforderungen an chemische Beständigkeit und Qualität: Die von THALETEC hergestellten Apparate und Bauteile werden nach ISO 28721 2 gefertigt und emailliert. Die Emails erfüllen die Anforderungen an die Beständigkeit gegen Säuren und Laugen gemäß ISO 28706 problemlos.

In neuerer Zeit lenken Betreiber die Aufmerksamkeit mehr und mehr auf eine Absicherung der Anlagen, wenn Risiken elektrostatischer Aufladungen vorhanden sind. Emaillierungen sind bisher, wie alle Gläser, üblicherweise elektrisch nichtleitend.

Nichtleitende Oberflächen bergen jedoch besonders im Falle von elektrostatischen Effekten gewisse Anlagenrisiken. Die meisten davon können sicher durch das Inertisieren der Anlagen minimiert werden.

Das Risiko der Beschädigung der Emailschicht blieb bisher jedoch bestehen. Beschädigungen sind die Folge von elektrostatischen Durchschlägen, wobei ein Funke durch die (nichtleitende) Emaillierung auf den Grundkörper (Stahl) durchschlägt und so die isolierende Emailschicht perforiert und damit schädigt.

Solche punktuellen Schäden können sich, je nach korrosiver Beanspruchung, schnell zu kapitalen Schäden wie Durchbrüchen und den damit verbundenen Folgeschäden in der Anlage ausweiten.

THALETEC hat mit dem elektrisch ableitfähigen Email „Condusist“ (Flyer K098) eine Lösung für solche Probleme entwickelt und seit Jahren bei Kunden weltweit im Einsatz. Condusist ist eine elektrisch ableitfähige Emaillierung. In die amorphe Glasmatrix sind hier Halbleiterkeramiken eingebettet, die ein 3 dimensionales, ableitfähiges Netzwerk innerhalb der Emailschicht bilden. Dieses katalytisch nicht wirksame Netzwerk sorgt für eine elektrisch ableitfähige Emailschicht, so dass das Risiko von Durchschlägen minimiert wird. Positiv ist zudem, dass Condusist, genauso wie alle anderen Emails von THALETEC, die Beständigkeitsanforderungen an hochwertige Chemie Emails erfüllt. Damit muss der Betreiber hinsichtlich der Anwendungsfelder emaillierter Apparate keine Abstriche machen.

Wichtig: Ableitfähig Rühren

THALETEC hat Condusist im Jahre 2015 eingeführt und seither mehrere hundert Rührbehälter und Bauteile für Rührbehälter wie Rührwellen, Rührorgane, Stromstörer und Bodenauslaufventile gefertigt und ausgeliefert (siehe auch dem Newsletter Beitrag aus der THALE-mail 107)

Gerade bei Rührbehältern kann Condusist Elektrostatik Risiken vermeiden helfen, weil es ja gerade während des Rührprozesses bei intensiver Durchmischung der nichtleitenden Medien zu hohen Aufladungen aufgrund starker Ladungstrennungsvorgänge kommt.

Genauso wichtig: Ableitfähig Lagern

In der Praxis gibt es aber auch Elektrostatik Risiken in emaillierten Tanks, die ausschließlich zum Lagern von elektrisch nichtleitenden Flüssigkeiten genutzt werden. Warum ist das so, wo man doch davon ausgehen kann, dass „Lagern“ eher im Wesentlichen „ruhende“ Flüssigkeiten betrifft? Nun, auch Tanks müssen befüllt und entleert werden. Während dieser Vorgänge kann es ebenso wie beim Rühren zu Bereichen hoher Fluid Geschwindigkeiten kommen. Hohe Geschwindigkeiten können aber auf Ladungstrennung und damit auf Bildung lokaler elektrostatischer Aufladungen des Fluids hindeuten. Solche hohen Geschwindigkeiten können insbesondere beim Entleeren von Tanks auftreten. Eine Beispielrechnung verdeutlicht dies:

Ein vertikal stehender emaillierter Lagertank mit einer Höhe von 5 m sei mit einer Flüssigkeit gefüllt. Die Flüssigkeit soll über einen Bodenauslaufstutzen entleert werden. Nach dem Gesetz von Toricelli [1] hängt die Ausflussgeschwindigkeit v ausschließlich von der Füllhöhe des Behälters ab und folgt dem Gesetz

v=μ⋅√(2⋅g⋅h)

Wobei μ der Abflussbeiwert (ca. 0,6 bis 0,7 bei wasserähnlichen Stoffen), g die Erdbeschleunigung und h die jeweilige Füllhöhe des Behälters sind.

Setzt man die Werte in die Gleichung ein, so erhält man bei dem gegebenen Tank eine maximale Ausflussgeschwindigkeit von 6,9 m/s! Gemäß [2] sind Strömungsgeschwindigkeiten von bis zu 7 m/s jedoch nur in Ausnahmefällen zulässig. Vielmehr gilt, dass„ (…) einphasige Flüssigkeiten (werden) durch Strömungsgeschwindigkeiten bis zu 1 m/s in leitfähigen, geerdeten Rohrleitungen nicht gefährlich aufgeladen.“ Das heißt jedoch im Umkehrschluss, dass höhere Strömungsgeschwindigkeiten beim Entleeren durchaus zu Aufladungen führen können, welche die Emaillierung durchschlagen und damit beschädigen könnten. Da diese Schäden dann vorzugsweise im Bereich des Auslaufstutzens liegen, ist eine Reparatur mit THALETEC RepSets prinzipiell möglich (siehe z. B. Flyer K095), jedoch mit hohen Kosten verbunden und oft aufwändig.

THALETEC empfiehlt daher, speziell auch bei emaillierten Lagertanks und Vorlagen nicht auf die zusätzliche Sicherheit durch eine elektrisch ableitfähige Emaillierung zu verzichten.

Die richtigen Flanschdichtungen verwenden!

Für Stutzen elektrisch ableitfähig emaillierter Apparate sollten auf jeden Fall Flanschdichtungen verwendet werden, die ebenfalls elektrisch ableitfähig sind und deren Metalleinlagen elektrisch geerdet werden können. In [3] wird folgendes dazu gesagt:

„In leitfähigen Leitungen müssen alle Metalleinlagen in PTFE-Dichtungen unabhängig vom Nenndurchmessers DN geerdet werden, sofern nicht nachgewiesen werden kann, dass nicht mit gefährlichen Aufladungen gerechnet werden muss. Der Grund hierfür liegt in der durch die Einbauweise („doppelter Plattenkondensator“) bedingten wesentlich höheren Kapazität im Vergleich zu der nicht eingebauten Dichtung.

Zur Erdung von Metalleinlagen in PTFE-Dichtungen haben sich Metalleinlagen mit Erdungslaschen in der Praxis bewährt.“

Elektrisch ableitfähige Flanschdichtungen der Ausführung Conduseal (Flyer K100) bestehen ausschließlich aus Werkstoffen, die ableitfähig sind: Eine Dichtungshüllen aus leitfähigem PTFE umschließt Weichstoffeinlagen, die ebenfalls ableitfähig sind, also beispielsweise Graphit beinhalten oder daraus bestehen. Weiterhin besitzen solche Dichtungen Erdungslaschen, die an nahegelegenen, metallischen und geerdeten Bauteilen befestigt werden können und dadurch elektrische Ladungen ableiten (siehe Abbildung).

 

Literatur

[1]    Wikipedia, Gesetz von Toricelli zur Ermittlung der Ausflussgeschwindigkeit aus Behältern: https://de.wikipedia.org/wiki/Ausflussgeschwindigkeit, abgerufen 27.11.2019

[2]    Berufsgenossenschaft Rohstoffe und  chemische Industrie, Website „Ex Schutz Wissen“, https://www.bgrci.de/exinfode/ex-schutz-wissen/antworten-auf-haeufig-gestellte-fragen/elektrostatik/331-mit-welcher-stroemungsgeschwindigkeit-darf-ein-tank-mit-brennbaren-fluessigkeiten-befuellt-bzw-entleert-werden/, abgerufen am 27.11.2019

[3]    Berufsgenossenschaft Rohstoffe und  chemische Industrie, Website „Ex Schutz Wissen“,  https://www.bgrci.de/exinfode/ex-schutz-wissen/antworten-auf-haeufig-gestellte-fragen/elektrostatik/712-muessen-metalleinlagen-in-ptfe-dichtungen-in-fluessigkeits-leitungen-geerdet-werden/, abgerufen am 27.11.2019